Gelb gefärbte Birkenwälder, so weit das Auge reicht, ohrenbetäubende Stille und die letzte Wildnis Amerikas. Klingt das nicht nach einem perfekten Reiseziel? Ein Alaska Roadtrip abseits der Massen bietet Euch genau das. Wir haben den nördlichsten Staat der USA im September bereist und damit die zwei einzigen Wochen der Übergangszeit erwischt, die zwischen dem kurzen Sommer und dem langen Winter so etwas wie ein Herbst sind. Offiziell gibt es in Alaska aber nur zwei Jahreszeiten, manchmal fällt in diesen wenigen Wochen schon der erste Schnee.

Alaska ist der inoffizielle Bierstaat der USA. Gebraut wird das Hopfengebräu gefühlt an jeder Ecke.

Mit dem Wetter leben

Auf jedes Wetter und jede Temperatur vorbereitet sein, ist die beste Voraussetzung für die Reise durch die Weiten Alaskas. Während die eisigen Winter mit ihren dunklen Nächten und Temperaturen bis zu -40 Grad die Bewohner:innen Alaskas zu den wohl besondersten und hilfreichsten aller Amerikaner:innen gemacht haben, müsst Ihr auf einem Roadtrip durch Alaska auch im Sommer jederzeit mit Regen und empfindlich kühlen Nächten rechnen. Dafür belohnt Euch die Sonne oft genug mit Regenbögen. Und wenn die Tage doch ein wenig zu regnerisch sind, gibt es genügend gemütliche Orte zum Aufwärmen.

In der 49th State Brewery findet sich immer ein warmes Plätzchen. Gutes Essen inklusive.

Der Ausgangspunkt: Anchorage

Das Panorama, welches sich hinter der größten Stadt des Staates, Anchorage, eröffnet, ist atemberaubend. Schneebedeckte Berggipfel hinter der Skyline machen Reisenden Appetit auf die ungebändigte Natur, die sich dahinter erstreckt. Anchorage ist aber nicht nur der Startpunkt vieler Alaska-Reisen (was auch an den guten Direktflugverbindungen im Sommer liegt), sondern auch das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Last Frontier. Ein Besuch in der Stadt lohnt sich in jedem Fall. Besonders hervorheben wollen wir das Anchorage Museum sowie das Alaska Native Heritage Center. Beide Häuser bieten einen spannenden Einblick in die Kultur der Native Americans oder First Alaskans, wie sie im 49. Bundesstaat genannt werden. Im Anchorage Museum besticht eine sehenswerte Regionalabteilung des Smithsonian National Museum of the American Indian über die Kulturen des Nordens. Unser absoluter Lieblingsort in Anchorage ist das Snow City Café, das der ideale Platz zum Aufwärmen und Schmausen ist.

Das Anchorage Museum mit einer sehenswerten Regionalabteilung des Smithsonian.
Das gemütliche Snow City Café lockt mit einem attraktiven Frühstücks- und Brunchangebot bis in den späten Nachmittag.

Mit Volldampf in den Norden

Die Eisenbahn ist das Verkehrsmittel, das den amerikanischen Kontinent für die Besiedlung aus Europa erschlossen hat. Sie ist gleichzeitig das zentrale Instrument der Zurückdrängung der indigenen Bevölkerung geworden. Aber für den nördlichsten Bundesstaat hat die Bahnverbindung im letzten Jahrhundert vor allem die Erschließung der Ölvorkommen im Nordmeer begünstigt. Auch deren Förderung und Transport durch Hunderte Kilometer lange Pipelines hat freilich wieder die Rechte der Natives beschnitten und ihr heiliges Land zerstört.

Heute ist die Alaska Railroad mehr ein historisch-nostalgisches Relikt der Industrialisierung als ein wirklich praktisches Transport- und Fortbewegungsmittel. Der Zug braucht für die Strecke von Anchorage nach Fairbanks etwa doppelt so lange wie das Auto, streckenweise ließe er sich auf dem Fahrrad einholen. Und trotzdem – oder gerade deshalb – haben wir in Alaska die schönste Zugfahrt unseres Lebens genossen.

Die Alaska Railroad fährt kurz vor Ende der Saison in den Denali National Park ein.

Die beste Art zu reisen: Alaska Railroad

Mehrere Zugrouten werden heute noch saisonal von der Alaska Railroad betrieben. Neben der beschriebenen Strecke von Anchorage nach Fairbanks über den Denali-Nationalpark fahren die gelb und blau lackierten Dampfzüge noch nach Seward und Whittier. Tickets werden in zwei Klassen verkauft, wobei sich das Upgrade in die erste Klasse nur lohnt, wenn Ihr Wert auf ein Menü während der Fahrt legt. Denn auch alle Gäste der zweiten Klasse können neben ihrem Sitzplatz die Möglichkeit nutzen, einen Panorama-Glasdach-Waggon zu besuchen und von dort aus die Aussicht zu genießen. Ganz am Ende des Zuges gibt es außerdem die Option, auf einer kleinen Plattform an der frischen Luft aus dem fahrenden Zug zu gucken. Das fühlt sich dann wirklich ein bisschen klischeemäßig an wie im „Wilden Westen“.

Die herbstlichen Farben der Tundra im Denali National Park.

Der Höchste

Ihr habt sicher schon von ihm gehört: Der Denali, früher von den europäischen Einwanderern nach dem 25. Präsidenten der USA „Mount McKinley“ genannt, der mit 6190 Metern höchste Berg des nordamerikanischen Kontinents und einer der Seven Summits. Nach dem Berg und vor allem zum Schutz der Naturlandschaften, die ihn umgeben, wurde 1917 der Denali National Park gegründet, der heute von der Alaska Railroad auf dem Weg nach Fairbanks angefahren wird. Für uns war die fast einen Tag lang dauernde langsame Aussichtsfahrt das Highlight der Reise.

Der Park wird hauptsächlich im Sommer besucht und hat auch nur in den warmen Monaten entsprechende touristische Angebote. Mit dem eigenen Auto darf der Park dann auch nicht befahren werden. Stattdessen bietet der National Park Service ein gut organisiertes Bus-System mit Touren ins Hinterland an. Der Vorteil der von uns gewählten Zeit direkt nach dem Ende der offiziellen Saison war, dass die ersten 30 Meilen der Parkstraßen für kurze Zeit für Privatfahrzeuge freigegeben wurden. Aufgrund eines Erdrutsches sind die hinteren 13 Kilometer der Straße bis voraussichtlich 2026 eh gesperrt.  

Ein Paar Elche streift durch die ins Abendlicht getauchte herbstliche Tundra im Denali National Park.

Von gelb bis rot erstrahlt der Denali

Der Nationalpark selbst bietet unzählige Wandermöglichkeiten und mit einer eigenen Schlittenhundestaffel ein ganz besonderes Angebot. Das Team aus Vierbeinern erledigt den Winter über wichtige Arbeiten in abgelegenen Regionen des Parks. Die Rangerinnen und Ranger wollen bei ihrer Arbeit möglichst wenig Spuren hinterlassen und verzichten daher auf den Einsatz von Fahrzeugen und Hubschraubern. In den eisigen Wintern des Denali ist die Schlittenhundestaffel, die Denali Sled Dog Kennels, dann die einzige Fortbewegungsmöglichkeit ins Hinterland. Im Herbst sind es zuvorderst die Farben, die bestechen: Die Wiesen der Tundra leuchten dann in grellem Gelb, schillerndem Orange und dunklem Rot und verwandeln die ansonsten karge Landschaft in ein Farbenmeer.

Blick in ein müdes Hundegesicht in den Kennels der Denali Sled Dogs.

Den Denali selbst bekommt übrigens die Mehrzahl der Besucher:innen des Parks nie zu Gesicht. An den meisten Tagen verhüllen ihn dicke Wolken und machen einen glauben, dass die Nachbarberge der eigentliche Gipfel seien. Wenn er dann jedoch einmal bei klarer Sicht zum Vorschein kommt, erhebt er sich noch mächtiger über die übrigen Spitzen. Kein Wunder also, dass die Koyukon, die Alaska Natives, die in der Region des Denali schon vor über tausend Jahren gelebt haben, von der gewaltigen Präsenz des Berges beeindruckt waren. Denali heißt auf ihrer Sprache, dem Athabaskisch, „der Große“ oder „der Hohe“.

Grüße aus Fairbanks, Alaska.

Durch die Birkenwälder nach Fairbanks

Die Fahrt nach Norden führte uns durch nie zu enden scheinende Birkenwälder, die – vom nahen Winter kündend – in mindestens „50 Shades of Yellow“ geleuchtet haben. Fast kein Gegenverkehr und hier und da sogar ein Elch am Straßenrand machen den Weg nach Fairbanks zu einem angenehmen Roadtrip.

Wir haben in Fairbanks nicht nur unsere Vorräte aufgefüllt, sondern auch die Fahrzeuge gewechselt: Vom klassischen Mietwagen sind wir auf einen Truckcamper umgesattelt, da dieser für die ziemlich dünn besiedelte Route über den Osten nicht nur ein schotterstraßentaugliches Fortbewegungsmittel ist, sondern uns gleichzeitig ermöglichte, zu schlafen, wo es uns gefallen hat. Vielleicht liegt es an der Einsamkeit, die einen in Alaska überkommt, wir sind uns aber beide einige darin, dass neben Anchorage auch Fairbanks eine sehenswerte Stadt ist. Nicht vergleichbar mit europäischen Metropolen oder den Megacities der Lower 48, aber doch mit Charakter. Seien es die kleinen Bäckereien (wir mochten Lulu‘s Bread and Bagels) und Cafés, die liebevoll eingerichteten Geschäfte, die allgegenwärtige Kunst oder das wirklich interessante Museum of the North – Fairbanks ist nett.

Unser Alaska Roadtrip abseits der Massen führte uns von Fairbanks über einen Abstecher nach Norden, bevor wir uns nach Tok im Osten aufgemacht haben, um den Wrangell-St. Elias Nationalpark zu entdecken. Von dort aus ging es dann über Palmer nach Seward auf die Kenai-Halbinsel und zurück nach Anchorage. Wie abenteuerlich das zeitweise war und was wir alles empfehlen können, lest Ihr in unserem Truckcamper-Bericht. Alles in allem ist der frühe September aber eine tolle Zeit für einen Alaska Roadtrip abseits der Massen.

Ein weiterer Vorteil einer Reise im Herbst: Alles ist in Alaska schon für Halloween dekoriert.

Unser Alaska Roadtrip abseits der Massen auf der Karte:

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