„Ein Island-Roadtrip im Januar? Ist das eine gute Idee, von Keflavik gen Süden zu fahren?“ – Ja, auf jeden Fall, schließlich hätten wir nirgends mehr Nordlichter gesehen als von Reykjanes nach Höfn.
Wer auf dem größten isländischen Flughafen landet, befindet sich gleich auf der Halbinsel Keflavik. Hier gibt es neben der Blauen Lagune, des größten Geothermalbads der Insel, vor allem kleinere Orte zu bestaunen. Diese zeichnen sich nicht nur durch die günstigen Übernachtungspreise aus, sondern auch durch die günstigen Bedingungen für Nordlichter. Egal, wo wir in Island unterwegs waren, die besten Polarlichter zeigten unsere Apps immer rund um Keflavik und Reykjavik an. Es kann sich also durchaus lohnen, ein oder zwei Nächte auf der Halbinsel zu verbringen, obwohl es nichts Konkretes zu besichtigen gibt. Vor allem ist die Halbinsel aber ein guter Startpunkt für einen Island-Roadtrip im Januar, der von Keflavik gen Süden führt.
Ein Roadtrip von Keflavik nach Höfn
Im Gegensatz zur Strecke von Reykjavik nach Norden besitzt der Inselsüden eine bessere Infrastruktur. Lebensmittel, Outdoor-Artikel, Souvenirs und Benzin gibt es an mehreren Mittelzentren zu steigenden Preisen. Besonders hervorheben wollen wir hier Vík í Mýrdal, wo sogar Veganer*innen auf ihre Kosten kommen.

Vík und das Tor zum Süden
Unser Lieblingsort auf Island ist zweifelsohne die Stadt Vík í Mýrdal. In ein paar Stunden erreicht Ihr das Tor zum Süden über die Ringstraße von Keflavik aus. Der Ort ist inzwischen zur touristischen Anlaufstelle geworden, weil hier der schwarze Sandstrand Reynisfjara zu finden ist. Außerdem ist Vík ein Ausgangspunkt für Touren zum Vatnajökull-Nationalpark. Die gute Seite dieser Entwicklung: Ihr findet inzwischen einige für Island ungewöhnlich gute Restaurants und Cafés in Vík. Mindestens einen Tag solltet Ihr auch einplanen, um den Ort, seinen ebenso schwarzen und nicht minder eindrucksvollen Hausstrand Víkurfjara sowie den Reynisfjara mit seinen meterhohen Basaltfelsen zu erkunden.

Beim Dyrhólaey, einem riesigen Lavafelstor im Meer, sind Weg und Ziel das sprichwörtliche Ziel. Denn in dem oft nur wenige Zentimeter tiefen Bucht- und Lagunenwasser spiegeln sich die Gletscherberge um Vík in allen Facetten. Kommt hier kurz vor Sonnenuntergang hin und genießt das Spiel der Farben. Ebenfalls mindestens einen ganzen Tag braucht ihr im Winter für den weiten Weg zum größten Gletscher Europas, dem Vatnajökull, isländisch für Wassergletscher.

Vatnajökull und Jökulsárlón
Nicht nur die Gletscherlagune Jökulsárlón, in deren türkisblauem Wasser Eisbrocken schwimmen, sondern auch der Diamond Beach, an dessen schwarzen Sand sie angeschwemmt werden, machen die Reise wert. Im Winter können die Straßenverhältnisse allerdings wirklich gefährlich sein: Wir hatten mit kilometerweise vereister Fahrbahn, Schneestürmen und eisigen Verwehungen sowie extremen Seitenwinden zu kämpfen. Früh loszufahren, lohnt sich allemal, um genügend Zeit für eine den Bedingungen angepasste sichere und entsprechend langsame Fahrt zu haben. Denkt auch daran, Eure Verpflegung mitzunehmen, da es auf dem Weg im Winter fast keine Angebote gibt. Die nächste Stadt ist das 80 Kilometer nördlich vom Gletscher gelegene Höfn.

Unser Highlight: der Besuch einer Eishöhle
Das unwirkliche Blau von Eishöhlen hat uns schon lange vor der Reise magisch angezogen. Eine Eishöhle wird durch geschmolzenes Gletscherwasser geformt; die korrekte Bezeichnung ist also eigentlich Gletscherhöhle. Durch das Wasser entstehen die runden Formen und das Eis des Gletschers sorgt für die blaue Farbe. Aber dieses Naturschauspiel ist nur in wenigen Monaten des Jahres zu sehen, nämlich von November bis März.

Wir haben 2024 eine Tour durch eine Eishöhle mitgemacht und waren absolut begeistert. Sowohl die erfahrenen Guides als auch die umweltbewusste Einordnung der Aktivität haben uns ein gutes Gefühl vermittelt. Auf dem Rückweg mit dem Supertruck vom Eingang der Gletscherhöhle zurück zur Straße haben wir auch endlich unseren ersten Polarfuchs erblickt und damit die Liste der isländischen Wildtiere komplettiert. Wale, Robben und Rentiere hatten wir ja bereits gesehen.
Höfn und Hoffellsjökull
Für das Mittelzentrum Höfn konnten wir uns übrigens beide nicht begeistern. Höfn ist eine kleine Gemeinde im Südosten Islands, die für ihren Hafen bekannt ist. Es gibt einige Restaurants. Was uns allerdings von den Socken gehauen hat, ist der Gletscher Hoffellsjökull, über dessen Besuch wir ausführlich hier berichten. Rund 20 Kilometer von Höfn entfernt und Teil des Vatnajökull-Nationalparks, ist der Hoffellsjökull, ein wunderschöner Gletscher mit See. Ein perfektes Fotomotiv in der Dämmerung und während der Sonnenaktivität. Dort hatten wir im Jahr 2020 das Glück, eine Rentierherde anzutreffen.

Sólheimajökull und Skógafoss
Auf dem Weg von Vík zurück nach Keflavik solltet ihr unbedingt beim Sólheimajökull, einem kleineren, leicht zugänglichen Gletscher, Halt machen. Auch der Wasserfall Skógafoss ist immer einen Besuch wert. Er ist unserer Ansicht nach einer der schönsten Wasserfälle Islands. Die enorme Kraft der Wassermassen erzeugt einen feinen Nebel, den ihr auf Eurer Haut und Kleidung zu spüren bekommt. Dieser sorgt bei Lichteinfall auch für wunderschöne Regenbögen. Über vierhundert steile Treppenstufen führen hinauf zum Hestavaðsfoss, einem weiteren schönen Wasserfall. Dort gibt es – nach dem Erklimmen der Stufen – flache Wanderwege mit schöner Aussicht.

Über den Golden Circle zum Þingvellir
Die typische Touristenroute ist nicht ohne Grund so beliebt, liegen an der Straße, die wie ein Kreis zu fahren ist, einige der eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten der Insel. Wir haben den Zirkel erst am Ende unserer zweiten Islandreise absolviert und fanden ihn trotzdem sehenswert. Das lag aber auch am geringen Menschenaufkommen beim Island-Roadtrip im Januar. An fast allen Stopps war wenig los. Hinzu kam die magische Stimmung nach dem Schneefall, der, verbunden mit Sonnenlicht, wahre Wunder bewirkt. Es ist in jedem Fall der eindrucksvolle Gullfoss, der goldene Wasserfall, der, wenn er halb zugefroren ist, noch imposanter wirkt.

Die Besuchermassen sind aber wohl mehr auf die Geysire zurückzuführen als auf den Wasserfall. Von denen gibt es in Island schließlich noch einige weitere Exemplare. Die Geysire im Golden Circle hingegen sind besonders imposant. Übrigens stammt das Wort für die Bezeichnung der meterhoch sprudelnden Wasserfontäne aus Island – denn hier in Haukadalur ist der einzige Ort in Europa (und einer von wenigen auf der Welt), an dem das Naturschauspiel beobachtet werden kann. Ein Geysir ist letztlich eine heiße Quelle, aus der in regelmäßigen Abständen eine Wasserfontäne eruptiert. Damit genau das geschieht, müssen die geologischen und klimatischen Faktoren genau passen: fließendes Wasser, eine heiße Quelle und eine Verengung im Gestein, damit sich der nötige Druck aufbauen kann.

Der Große Geysir, der Geysir Strokkur und weitere kleine Fontänen sind in Haukadalur zu bestaunen. Es riecht nach Schwefel, überall steigen Dämpfe auf und im Winter ist es ein besonders unwirtlicher Ort, wenn die Luft von Dunst und Qualm erfüllt ist. Lohnenswert ist im Anschluss noch der Besuch des Kerið, eines Vulkankratersees, der in einer kleinen Wanderung erklommen und umrundet werden kann, bevor die Weiterfahrt zum eigentlichen Höhepunkt des Golden Circle ansteht: Zum Nationalpark Þingvellir.

Der Nationalpark Þingvellir
Der Ort ist bedeutend in der isländischen Geschichte, weil dort ab 930 immer im Juni die Volksversammlungen Althing abgehalten wurden. Diese frühe Form des Parlaments (nach der Antike in Griechenland und Rom übrigens die erste Volksvertretung Europas) war sowohl für die Gesetzgebung als auch für die Gerichtsbarkeit zuständig. Heute zählt der Ort zum UNESCO-Welterbe und besticht neben seiner kulturellen Bedeutung auch durch seine Naturschönheit um den See Þingvallavatn.
Hier kann der Island-Roadtrip im Januar von Keflavik gen Süden enden. Reykjavik erreicht Ihr von dort nämlich in einer guten Stunde Fahrt. Dort könnt Eure Islandreise bei einem warmen Kaffee oder Abendessen beschließen. Oder Ihr gönnt Euch eine weitere Nacht auf der Keflavik-Halbinsel mit Besuch der Blue Lagoon, bevor es nach Hause geht. Vielleicht seht Ihr ja sogar die Polarlichter Aurora Borealis.