„Ein Island-Roadtrip im Januar? Ist das eine gute Idee, schließlich ist es im Winter doch in Island noch viel kälter als in Mitteleuropa.“ – Ganz genau, viel kälter sogar! Wer im Januar auf die größte vulkanische Insel der Welt reist, tut das aber auch aus dem Grund, der mit ihrem Ursprung zusammenhängt: Die einzigartigen geologischen Begebenheiten lassen auf Island an unzähligen Stellen die Erde brodeln und geothermisch erhitztes Wasser an die Oberfläche treten. Einige dieser Quellen werden in Hot Springs geleitet, in denen sich auch arktische Temperaturen ziemlich angenehm ertragen lassen. Was Euch auf einem zweiwöchigen Island-Roadtrip im Januar erwartet und worauf ihr Euch in dieser Jahreszeit freuen könnt, lest Ihr in unserem Reisebericht.

Von Reykjavik ins mittelalterliche Island
Beginnt Euren Island-Roadtrip im Januar in Reykjavik. Wie Ihr die nördlichste Hauptstadt der Welt im Winter erkundet, lest ihr in unserem zugehörigen Bericht. Wer lieber Richtung Süden reist, findet hier Informationen.
Da Euch auf der weiteren Reise aber ständig wechselnde Wetterbedingungen erwarten, die von Sonnenschein über Regenschauer bis hin zu Schneestürmen bei deutlich unter -10° Celsius reichen können, lohnt es sich, Vorräte und Ausrüstung in der isländischen Hauptstadt aufzufüllen. Wer sich den arktischen Temperaturen noch nicht gut genug gewappnet fühlt, findet hier allerlei Outdoorbekleidungsgeschäfte, die wirklich warme Handschuhe und Jacken anbieten.

Da Island für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, abseits der touristischen Zentren nur ziemlich spärliche Angebote macht, lohnt auch die Versorgung mit Snacks und Vesper. Wenn Ihr in Apartments oder Hütten mit Küche untergebracht seid oder campt, solltet Ihr in den großen Supermärkten wie Krónan, Bonus oder Netto in Reykjavik sowieso alle Lebensmittel beschaffen.
Alkoholische Getränke gibt es in Island nur in den von der Firma Vínbúðin geführten Fachläden, in Supermärkten und Mini-Märkten findet ihr nur alkoholfreie Weine, Biere und Leichtbiere bis 2,25% Vol. Diese Regelung ist ein Überbleibsel der isländischen Prohibition, die den Handel mit Bier erst 1995 wieder erlaubte, und führt zu generell hohen Preisen für alkoholische Getränke – im Vergleich zu Deutschland jedenfalls. Wer den Januar aber sowieso für einen Monat der Enthaltsamkeit nutzt, kann sich unseren Beitrag über Alkoholfreies Bier in Island anschauen, denn die isländischen Brauereien Borg und Viking haben sagenhafte elf unterschiedliche Biere ohne Alkohol im Angebot.
Abfahrt aus Reykjavik
Von Reykjavik aus sind wir in Richtung Norden aufgebrochen, in eine kleine Stadt, die eng mit der mittelalterlichen Geschichte Islands zusammenhängt und einen ersten Eindruck von Gletschern, heißen Quellen sowie dem rauen Wetter vermittelt: Reykholt liegt in einem Niedrigtemperaturgebiet, in dem nicht direkt vulkanisch, aber geothermisch erhitztes Wasser an vielen Stellen an die Oberfläche tritt. Am Deildartunguhver, der aktivsten heißen Quelle Europas, die mit 180 Litern 96 Grad heißen Wassers pro Sekunde die ganze Region mit Wärme versorgt, lässt sich dieses Naturschauspiel im Geothermalbad Krauma wortwörtlich spüren.

Hot Springs and Lagoons
Wer den eisigen Temperaturen an einem der ungemütlichen Tage im isländischen Januar entkommen möchte, wird wohl einen Besuch in einer der Hot Springs oder Lagoons des Landes besonders genießen. Auch bei strahlendem Sonnenschein, im letzten Abendlicht oder den ganzen kurzen Tag lang gibt es kaum einen besseren Ort als das heiße Geothermalwasser. Versteht uns nicht falsch: Die heißen Quellen sind auch zu jeder anderen Jahreszeit ein ausreichender Grund für eine Islandreise – aber bei minus zwölf Grad und gefrierenden Wimpern ist die Atmosphäre in den Bädern einfach magisch. Wir empfehlen deswegen, keine Gelegenheit verstreichen zu lassen und jede auf dem Weg liegende Quelle zu besuchen. Die teilweise hohen Eintrittspreise lohnen sich am Ende immer, versprochen!

Auf unserer Reise im Januar 2024 haben wir die relativ neuen Hvammsvik Hot Springs sowie das älteste Bad, die Secret Lagoon, besucht. Die berühmte Blue Lagoon, die wir bei unserer ersten Reise auch schon nicht besuchen konnten, war leider kurzfristig während unseres Aufenthalts aufgrund der Eruptionen des Vulkans auf der Reykjanes-Halbinsel geschlossen. Durch geschickte Planung unserer übrigen Unterkünfte, die entweder einen privaten Hot Pot (in Island fast immer ohne die bekannten Drüsen eines Whirlpools) oder einen Spa-Bereich besaßen, mussten wir auf den zwei Wochen aber fast keinen Tag auf das entspannende Erlebnis verzichten.

Vatnsnes und die Robben
Wenn das Wetter es zulässt, bietet sich an einem der Tage um Húsafell ein Ausflug an die Nordküste an. Während Akureyri und der Myvatn-See zu weit entfernt liegen, lässt sich die Halbinsel Vatnsnes in etwa anderthalb Stunden bequem über die Route 1, die Ringstraße, erreichen. Diese wird auch in den Wintermonaten freigeräumt, wenn nicht gerade ein tagelanger Sturm die Räumfahrzeuge davon abhält. Schon die Autofahrt über die Hochlandebene bis nach Hvammstangi belohnt Euch mit traumhaften Ausblicken auf zugefrorene Flüsse und Täler. Der kleine Ort beheimatet das Icelandic Seal Center, ein kleines Museum, das über Robben und ihre Bedeutung für Island informiert. 2024 war eine kleine aber spannende Sonderausstellung des Isländischen Naturkundemuseums über das Walross zu sehen. In einem kleinen Supermarkt könnt ihr Euch außerdem noch versorgen, bevor es weiter Richtung Norden zur Tierbeobachtung geht



Über die Schotterstraße 711 erreicht ihr in etwa 25 Kilometern die Bucht Hindisvík, in der eine große Robben-Kolonie zu Hause ist. Die Straße endet an einem malerisch gelegenen Campingplatz, von dem aus ein zehnminütiger Spaziergang bis ans Meer führt. Der Pfad läuft direkt an der Küste entlang und bietet atemberaubende Blicke auf die Bucht. Dann erreicht ihr die felsigen Strände und eine kleine Beobachtungshütte, die Schutz vor dem Wetter bietet. Mit etwas Glück lassen sich dann unzählige Meeressäuger beim Schwimmen im Wasser oder beim Ausruhen auf den vorgelagerten Felsen beobachten. 2024 haben wir hier sogar eine Kegelrobbe, isländisch Útselur, entdeckt. Bei unserem ersten Besuch wimmelten die Buchten rund um die Hütte nur so von Seehunden, die in Island Landselur heißen.

Eindrucksvoller Hvítserkur
Wer dem Verlauf der Schotterstraße dann weiter folgt – etwa die Hälfte der Halbinsel ist jetzt umrundet – erreicht nach etwa weiteren 25 Kilometern den Hvítserkur, einen eindrucksvollen Basaltfelsen, dessen Name auf isländisch weißer Kittel bedeutet. Dies ist auf die Hinterlassenschaften der auf ihm brütenden Seevögel zurückzuführen. Die 15 Meter hohe Steinformation ist der Sage nach ein versteinerter Troll und trotz seit Jahrhunderten den Gezeiten im Húnafjörður. Das Meer hat ihn an zwei Stellen bereits ausgehöhlt.



Besonders schön wirkt der Hvítserkur bei Ebbe, wenn sich der Felsen im nassen Sand spiegelt. Kaum einen Kilometer weiter liegt das Ósar Hostel, in dem wir 2020 als einzige Gäste eine Nacht verbringen durften. Von dort aus führt ein steiler Weg zwischen Schafen hindurch und durch die Felder in etwa 20 Minuten an einen Kiesstrand, von dem aus eine weitere große Seehundkolonie auf der gegenüberliegenden Sandbank zu beobachten ist. Auch die Rückfahrt über die eisige Hochebene zurück nach Reykholt belohnt wieder mit tollen Aussichten und hat im winterlichen Abendlicht eine ganz besondere Aura.

Snæfellsnes: Island in Miniatur
Von allem, was Island so typisch und faszinierend macht, findet ihr auf der Halbinsel Snæfellsnes etwas: Vulkanische Landschaften, Gletscher, wilde Strände, Robben und einen der schönsten Nationalparks Europas. Im Winter ist ein Tag zu kurz, um selbst die wichtigsten Stopps abzufahren.

Gestartet sind wir bei strömendem Regen in Borgarnes, der erste Halt war der Ytri Tunga-Strand, an dem wir einige Seehunde beobachten konnten. Weiter führt die Straße nach Búðir zur berühmten schwarzen Búðakirkja, die malerisch am Rande einer Klippe vor dem Meer liegt. Der nächste Halt auf der Fahrt um die Halbinsel ist der Fischerort Arnarstapi, in dem der imposante Gatklettur aufwartet, ein im Meer stehender und in tausend Jahren von Wellen geschliffener Felsbogen an einer von Basaltsäulen und Lavaformationen dominierter Steilküste. Er ist insbesondere bei Flut und hohem Wellengang von eindrucksvollen Wasserfontänen und spritzender Gischt umgeben.

Der Snæfellsjökull-Nationalpark
Wer jetzt schon beeindruckt ist, wird sich noch wundern, denn hinter Arnarstapi beginnt erst der Snæfellsjökull-Nationalpark. Spätestens am Lóndrangar, einer Gesteinsformation im brausenden Meer, die von einer steil abfallenden Klippe beobachtet werden kann, seid Ihr von der isländischen Natur gefangen. Mehrere eindrucksvolle und teilweise kilometerlange Wanderwege führen in beiden Richtungen direkt an der Klippe entlang und belohnen Euch mit dauerhaften Panoramablicken. Einige Kilometer weiter auf der Straße findet ihr das kleine Besucherzentrum und den malerischen Leuchtturm von Malarrif, den Malarrifsviti. Die Straße verläuft dann durch erstarrte Lavafelder, die teilweise wieder bewachsen sind, und eröffnet bei klarer Sicht atemberaubende Blicke auf den Snæfellsjökull. Ein lohnenswerter Abstecher ist der kurze Aufstieg zum Saxhóll-Krater, bevor bald mit Hellissandur die erste Siedlung außerhalb des Nationalparks in Sicht kommt. Nach dem Ort Ólafsvik ist das nächste Highlight der Halbinsel der berühmte und vielfach abgebildete Berg Kirkjufell mit seinem dazugehörigen Wasserfall.


